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Zur c/o pop und ihren Macher*innen

von Lilly Schäfer

Vom Dönerladen bis hin zur Philharmonie

copop-Ehrenfeld-Konzert

©Franziska Müller

Das Wort Leidenschaft wird bei der c/o pop großgeschrieben. Jedes Detail der Festivalplanung wird mit viel Zeit und Liebe durchdacht und macht das Festival zu einem bunten und vielseitigen Raum für Musik und Popkultur. Wobei der Begriff Raum in seinem klassischen Sinne wohl die falsche Bezeichnung für die Festival-Location ist. Denn genau dieser ist es, der die c/o pop so besonders macht: die In- und Outdoor-Konzerte sind in ganz Köln verteilt. Die c/o pop macht sich die Stadt zu eigen und zwar nicht nur die klassische Konzerthalle, sondern auch den Lieblingsdönerladen im Veedel, das Blumengeschäft direkt um die Ecke oder den Senderaum des WDR. Auch die Bespielung öffentlicher Plätze und subkultureller Geschäfte war schon in seinem Gründungsjahr 2004 ein fundamentaler Grundstein des Festival-Konzepts, genau wie der Fokus auf lokale Künstler*innen. Obwohl das Line-Up von Jahr zu Jahr internationaler wird, bleibt ein nahezu akribischer Anspruch bestehen, talentierte Künstler*innen aus NRW groß rauszubringen. Musiker*innen wie die Kölner Band Annenmaykantereit spielten bereits vor ihrem Durchbruch auf dem Festival und sehen die c/o pop als eine Art Startrampe in den Erfolg an.

 

Entdeckerspirit und Popkultur

copop-festival-konzert-köln

©Christian Faustus

Damit kommen wir auch schon zum dritten Grundbaustein des Festivals: Neben den besonderen Räumlichkeiten und der Förderung von lokalen Talenten spielt der Entdeckerspirit hier eine wichtige Rolle. Das Auftreten unbekannter Newcomer-Bands ist keine Rarität auf dem Festival und die c/o pop nicht selten das Sprungbrett zum großen Erfolg. Wie das funktioniert? Mithilfe von jeder Menge Vitamin B und Partnerschaften mit Labels, anderen Festivals und Veranstalter*innen im In- und Ausland. Diese Kontakte werden durch ein alljähriges Branchentreffen namens c/o pop Convention aufrechterhalten. Das Event findet im Rahmen der c/o pop statt und bietet ein vielseitiges Angebot an Talks, Diskussionen und Workshops rund um den Kulturmarkt. Darüber hinaus werden die Expert*innen, Manager*innen, Labelchef*innen und Festivalorganisator*innen zu verschiedenen Showcases wie in etwa dem „Wunderkinder-Format“ eingeladen. Hier wird eine Auswahl an Newcomer-Bands vorgestellt, die die Herzen der geladenen Musikprofis dann im Sturm erobern sollen.

Auf die Frage, ob die c/o pop denn selbst von dieser Künstler*innen-Vermittlung profitiert, erklärte die Projektmanagerin Kira Wolter, dass solche Sonderevents nur aufgrund  verschiedener Partnerschaften und Förderungen möglich seien, dass dies aber auch einfach der Philosophie des Festivals entspreche:

Wir wollen einfach ein Festival sein, das gleichermaßen für die breite Öffentlichkeit sowie auch für die auftretenden Künstler*innen kreiert ist. Wir haben immer im Hinterkopf, dass wir unseren tollen künstlerischen Nachwuchs auch zu anderen Events im In- und Ausland bringen wollen.

Wie schön dieser vehemente Newcomer-Support auch ist, so traurig ist doch die Tatsache, dass die popkulturellen Festivals, die in Deutschland eine staatliche Förderung erhalten, laut Kira an einer Hand abzuzählen sind. Die c/o pop zähle glücklicherweise dazu:

Kultur, das ist Museum, das ist Oper, das ist Theater. Eine PopKULTUR, die existiert für den deutschen Staat kaum und das meint nicht nur uns Festivals, das sind Clubs, Street Artists, Designer oder andere künstlerische Strömungen. Wir haben einfach Glück.

Subkultur trifft auf Digital-Formate

©Philipp Pongratz

Eine weitere Besonderheit der c/o pop ist, dass Besucher*innen die Wahl zwischen einem gesamten Festivalpass und Einzeltickets für spezifische Konzerte haben. Die Veranstaltungen der c/o Ehrenfeld, welche ab dem Jahr 2019 stets am Wochenende nach dem eigentlichen Festivalprogramm stattfinden, sind sogar komplett umsonst. Rund um die Venloer Straße pulsiert dann das kulturelle Leben in den kleinen Konzerthallen, Läden, Kneipen, Büdchen und dem Ehrenfelder Bürgerzentrum. Zwischen kleineren Musikacts kannst Du dort ein vielfältiges Programm von Töpferkursen über Tätowier-Workshops bis hin zu Gender-Vorträgen, Yogakursen oder Speed-Dating finden. Das Ganze hat einen stark subkulturellen Charakter und zieht sowohl Besucher*innen von den Nachbarstädten, als auch einfache Passant*innen beim Bummeln in seinen Bann.

Einige dieser Ideen wurden auch auf das digitale Format der c/o pop übertragen, welches die Veranstalter*innen im Jahr 2020 kurzfristig auf die Beine stellten. Ein ähnliches Programm erwartet uns auch in diesem Jahr. Unter dem Titel c/o pop xoxo präsentieren die Festivalmacher*innen am 22. bis 24. April ein kostenloses Digitalprogramm mit Streams von „knallbunten Shows“, interaktiven Live-Formaten, Workshops, Lesungen, Interviews sowie vorproduzierten Band-Ausflügen und humorvollen Challenges. Wenn Du einen kleinen Vorgeschmack von den Corona-Specials willst, findest du auf dem Youtube-Kanal der c/o pop schon jetzt zahlreiche humorvolle Videos, Interviews und gestreamte Konzerte.

Doch wie entstehen all diese Ideen und noch viel wichtiger: Wer steht hinter ihrer Umsetzung? Das erfahrt Ihr im nächsten Beitrag, in dem wir Euch eine der Projektleiterinnen Kira Wolter vorstellen! Seid gespannt!

 

Das Handwerk eines/r Projektmanagers/in in der Kulturbranche

Wie entsteht eigentlich ein Festival wie die c/o pop? Und noch viel wichtiger: Wer steckt hinter seiner Umsetzung?

Richtig! Eine Menge Expert*innen aus den verschiedensten Bereichen der Veranstaltungsplanung und eine Handvoll Projektmanager*innen, die alle Fäden zusammenführen. Projektleiter*in eines Musikfestivals zu sein scheint für die eine oder den anderen wohl DER Traumjob schlechthin zu sein. Bands koordinieren, Festival-Venues gestalten, 24/7 Musik hören und Bier trinken… Nur so leicht ist es leider nicht.

 

Dein Arbeitsalltag

Organisieren und Brände löschen- das ist mein Job!

 

Kira Wolter, Projektleiterin bei der c/o pop

So beschreibt Kira Wolter den Job einer (kulturellen) Projektmanagerin. Aber jetzt mal Klartext, was heißt das genau?

Das bedeutet, Du als Projektleiter*in bist der Knotenpunkt aller Beteiligten, insbesondere der Künstler*innen und Dienstleister*innen. Dein Arbeitsalltag findet am Computer und am Telefon statt. In der Vorproduktion einer Veranstaltung ist es dein Job eine passende Location zu finden, Dienstleister*innen wie die Technik, den Bühnenbau, das Licht, die Deko und das Catering zu organisieren und bei all dem einen Überblick über das Budget zu haben. Als Projektmanager*in recherchierst Du viel, Du holst Angebote ein, vergleichst und telefonierst. Du schreibst Zeitpläne und Briefings. Du erledigst bürokratische Aufgaben, füllst Formulare aus, beantragst Genehmigungen und legst Rechnungen ab. Im Endeffekt führst Du die wenigsten der Arbeiten selbst aus, sondern kümmerst dich darum, dass jede*r zur richtigen Zeit am richtigen Ort seinen/ihren Job erfüllt. Am Veranstaltungstag bist du für den reibungslosen Verlauf der Veranstaltung verantwortlich, kümmerst Du dich hier und da noch um den letzten Schliff der Deko, sammelst im Backstage noch die letzten versackten Künstler*innen ein oder löscht irgendeinen anderen Brand. In Corona-Zeiten musst du zusätzlich noch die Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln kontrollieren oder auch mal in letzter Sekunde einen Corona-Schnelltest organisieren. Mit dir steht und fällt alles. Wenn eine Musikerin keine Erdnüsse verträgt, dann musst Du es wissen. Wenn eine Band bei ihrer Ankunft gerne einen Kasten Kölsch trinkt, musst Du es wissen. Du bist Ansprechperson für jede*n und wenn Du es nicht bist, dann musst Du wissen wer es ist.

 

 

 

Stress trifft auf Leidenschaft

Es gibt keinen geileren Moment als auf einer Veranstaltung zu stehen und zu sehen, alles was ich monatelang geplant habe, funktioniert. Auf dem einen Ohr hab ich einen Funk, am anderen Ohr ein Handy und irgendjemand redet noch mit mir- dann bin ich in meinem Element!

Wenn Du Projektmanager*in werden willst, dann musst Du mit Stress umgehen können, vor Allem in der heißen Phase vor und während der Veranstaltung. Du musst flexibel sein und kein Problem damit haben mal einen Stapel Arbeit mit in deinen Feierabend zu nehmen. Projektmanager*in eines Festivals wird man nicht aus finanziellen Gründen und erst recht nicht mit einem Anspruch auf Planungssicherheit. Die Stellen sind oft projektbasiert und befristet, zum Beispiel für eine Festivalsaison. Das bringt zwar jede Menge Abwechslung und Spannung in den Arbeitsalltag, aber ohne eine lockere Lebenseinstellung und ziemlich viel Flexibilität kommst Du nicht weit. Diesen Job solltest Du aus Leidenschaft machen, Leidenschaft für Musik und Events sowie einer Hingabe fürs Organisieren.

Wir haben dich noch nicht verschreckt?

Dann willst Du bestimmt auch wissen, wie man denn überhaupt dort hinkommt, wo Kira heute steht und Dienstleister*innen durch die Gegend scheucht.

 

Praxis ist alles!

Kira ist 27 und seit 1,5 Jahren bei der c/o pop. Mit einem kleinen Umweg über drei Semester BWL landete sie vor einigen Jahren in einer Marketingagentur, wo sie eine Ausbildung zur Veranstaltungskauffrau machte.

Das wichtigste an meinem Job ist die Praxis, deswegen bin ich auch überzeugt, dass eine Ausbildung dafür besser geeignet ist als ein Studium.

Connections und Erfahrung sind alles in dieser Branche. Das heißt, mal hier ein Praktikum, mal da ein Werkstudentenjob, denn wie in so vielen Jobs in der Kulturlandschaft ist Praxiserfahrung immer noch die beste Voraussetzung. Kira erzählt, dass sie in ihrer Ausbildung sofort ins kalte Wasser geworfen wurde. Das sei zwar stressig gewesen, aber dadurch habe sie schon von Anfang an eigene Projekte leiten dürfen und wirklich viel gelernt. Das was sie an ihrer Arbeit in der Agentur am liebsten mochte war der konzeptionelle Teil eines jeden Projekts, denn das ist der kreative Part im Projektmanagement. Das bedeutet: Marke XY möchte eine Veranstaltung machen, um eine bestimmte Zielgruppe zu erreichen. Du als Projektleiterin überlegst dir also ein Eventkonzept, das dieses Ziel bestmöglich erfüllt. Das hast Du in der Festivalplanung eher weniger, denn für den kreativen Teil sind die Booking- und Marketingabteilungen zuständig- die Projektleitung setzt diese kreativen Ideen dann in die Tat um. Doch abgesehen davon vermisst Kira die Arbeit in der Agentur nicht. Das Klima sei meist nicht sonderlich gut gewesen, denn dort arbeite jede*r an seinem/ihrem eigenen Projekt. Die flachen Hierarchien, das harmonische Arbeitsklima und den Teamgeist weiß Kira bei der c/o Pop besonders zu schätzen. Jeder, der in die Festivalplanung involviert ist, bringt Woche für Woche neue Teile eines riesigen Puzzles mit, die sich mit der Zeit zu einem Ganzen zusammenfügen.

Jeder zieht am selben Strang und das macht selbst die stressigsten Situationen irgendwie schön.