Zweifel am Studium im Kultur- und Medienbereich?
von Sebastian Pallach
Vorbehalte gegen eine berufliche Tätigkeit im kulturellen Bereich
Bei szene kulturmanagement gibt es immer wieder die Möglichkeit im Rahmen eines Praktikums in unseren Betrieb hineinzuschnuppern. Es ist uns dabei ein Anliegen unseren Praktikant*innen die Möglichkeit zu geben ihre Interessen sowie aktuelle Herausforderungen, Probleme und Hindernisse thematisieren zu können. Wie sieht etwa ihre individuelle und aktuelle Situation innerhalb der Kulturlandschaft aus?
Sebastian Pallach ist derzeit Praktikant bei uns und erzählt über Zweifel, Vorurteile und Chancen, die während eines Studiums im Kunst- oder Kulturbereich auftreten.
Hast Du Lust im Kulturbereich zu studieren? Aber Du zweifelst selber, ob es eine gute Idee ist? Du stellst dir Fragen wie: Kann ich damit später genug Geld verdienen? Finde ich überhaupt einen Job nach dem Studium? Sollte ich mein Interesse an der Kultur lieber als Hobby beibehalten? Damit bist Du nicht alleine. Viele Leute stellen sich diese Fragen bevor sie ein kulturwissenschaftliches Studium angehen. Auch ich habe mir diese Fragen vor meinem Bachelor der Kunstgeschichte gestellt und auch während des Studiums bin ich weiterhin mit Vorbehalten gegenüber dem von mir gewählten Studiengang in Kontakt gekommen. Von meinem Freundes- und Familienkreis habe ich überwiegend Zuspruch erhalten, allerdings bleiben Sprüche wie „Wir sehen uns dann am Taxistand“ in einzelnen Fällen nicht aus. Gerne wird der Studiengang auch als „Laberfach“ bezeichnet. Mir ist zudem aufgefallen, dass ich bei vielen Personen auf Unverständnis stoße, wenn ich von meinem kultur- oder geisteswissenschaftlichen Studium erzähle. Meistens kommt dann die Frage auf: „Und was macht man damit?“, was oft einfach eine Frage aus reiner Neugierde ist, aber ab und zu auch mit einem skeptischen Unterton gefragt wird. Solche Dinge können einen schnell dazu verleiten, an seinen eigenen Plänen zu zweifeln und den Wunsch nach einem Studium im Kulturbereich aufzugeben. Um diese Zweifel aus dem Weg zu räumen, soll nun gezeigt werden, was Dich in einem kulturwissenschaftlichen Studium erwartet, was Du brauchst und was danach kommt.
Was brauchst Du fürs Studium?
Im kulturwissenschaftlichen Bereich gibt es eine Vielzahl von Studiengängen wie z.B. Kulturwissenschaften, Kunstgeschichte, Archäologie, Musikwissenschaft, Theaterwissenschaft, Literaturwissenschaft, Filmwissenschaft usw. Für die meisten dieser Studiengänge gibt es, abgesehen von einem abgeschlossenen Abitur, keine Zulassungsvoraussetzungen. Hin und wieder gibt es einen Numerus Clausus, aber das ist eher die Ausnahme. Obwohl meist keine konkreten Voraussetzungen gefordert werden, gibt es Eigenschaften, die gerne gesehen sind und auch in Hinblick auf den späteren Beruf hilfreich sein könnten. Hierbei sind beispielsweise Weltoffenheit, Kreativität, Unvoreingenommenheit und eine soziale Ader zu nennen, was aber stark vom jeweiligen Studiengang abhängt. Außerdem solltest Du natürlich Interesse an kulturellen Themen und am Studium selbst sowie ein gewisses Maß an „Kulturmut“ mitbringen. Denn eine spätere berufliche Tätigkeit im kulturellen Bereich erfordert viel Einsatzbereitschaft, persönliches Engagement, Flexibilität sowie die Bereitschaft auch mal ein Wochenende aufzuopfern. Letztendlich steht es Dir frei, ob Du deinen Kulturdurst als Hobby in deiner Freizeit neben dem Brotverdienst oder hauptberuflich mit Leidenschaft und so manchen schlaflosen Nächten stillen möchtest.
Was lernst Du im Studium?
Bei den Lerninhalten hängt es stark vom jeweiligen Studiengang ab, was Du dort lernst. Im kultur- und geisteswissenschaftlichen Studium werden grundsätzlich bestimmte Kernkompetenzen vermittelt. Diese sind nicht nur auf den kulturellen Bereich begrenzt, sondern können in allen Lebensbereichen und besonders im Berufsleben hilfreich sein. Hier die TOP 5 Benefits eines kulturwissenschaftlichen Studiums für Dich:
- Kritisches Denken und selbstständiges wissenschaftliches Arbeiten – Natürlich werden in einem wissenschaftlichen Studium auch z.B. fachbezogene Methoden, strukturiertes Arbeiten und eine kritische Einstellung gegenüber den Quellen vermittelt. Dies bildet ein Fundament an universell anwendbaren Fähigkeiten für die spätere Tätigkeit und wird je nach Beruf mal mehr und mal weniger benötigt.
- Basis an Allgemeinwissen – Eine gute Allgemeinbildung ist ein wichtiger Faktor dafür, wie Du von deinen Mitmenschen wahrgenommen wirst. Nicht nur im Berufsleben kannst Du durch ein ausgeprägtes Allgemeinwissen beispielsweise im Bewerbungsgespräch einen guten Eindruck hinterlassen, sondern auch im Privatleben bietet Dir dies immer genug Gesprächsstoff, um mit Freunden anregende Diskussionen zu führen oder um mit neuen Kontakten ins Gespräch zu kommen.
- Vernetztes Wissen über politische, gesellschaftliche und kulturelle Zusammenhänge – Ein vernetztes und interdisziplinäres Wissen lässt Dich besser Zusammenhänge erkennen und hilft besonders beim wissenschaftlichen Arbeiten schneller zu Erkenntnissen zu gelangen. Auch allgemein und besonders im Berufsleben macht es Sinn, sich mit den Prozessen und Strukturen von Politik, Gesellschaft und Kultur auszukennen.
- Rede- und Wortgewandtheit – Gerade in den Kultur- und Geisteswissenschaften wird viel diskutiert, aber es wird auch viel Schreibarbeit geleistet. Dies sorgt für eine ausgeprägte sowohl mündliche als auch schriftliche Ausdrucksweise. Rede- und Wortgewandtheit ist in nahezu allen Bereichen des täglichen Lebens von Vorteil. Mit einer flüssigen Sprechweise, einem reichhaltigen Wortschatz und griffigen Formulierungen verkörperst Du ein sicheres Auftreten, verschaffst Dir Ansehen und wirkst zugleich überzeugend auf dein Gegenüber. Man sagt schließlich nicht umsonst: Sprache ist Macht.
- Individuelle Schwerpunktbildung – Während des Studiums hast du die Möglichkeit, Deine persönlichen Interessen in Form einer individuellen Schwerpunktbildung auszuleben. Hierzu gibt es zum einen das frei wählbare universitäre Lehrangebot und zum anderen Hausarbeiten, in welchen du bestimmte Themen vertiefen kannst. Eine fundierte Auseinandersetzung mit einem konkreten Themengebiet macht Dich zum*r Expert*in und öffnet Dir neue Türen. Tiefergehendes Spezialwissen hebt Dich bei der späteren Jobsuche von anderen Bewerbern ab und kann Dir einen Vorteil verschaffen.
Was kommt nach dem Studium?
Bei kultur- und geisteswissenschaftlichen Studiengängen wirst Du – im Gegensatz zu den meisten Ausbildungsberufen – nicht automatisch für einen speziellen Beruf ausgebildet. Es ist nicht wie bei einer Ärztin, die genau weiß, dass sie nach ihrem Studium eine Ärztin sein wird. Vielmehr kannst Du deinen beruflichen Werdegang nach deinen eigenen Interessen und Fähigkeiten gestalten. Hierbei kann die o.g. individuelle Schwerpunkbildung eine Orientierung geben. Nach Beendigung des Studiums gibt es eine Vielzahl von Berufs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Die potenziellen Tätigkeitsbereiche sind beispielsweise Forschung, Lehre, Politik, Medienbranche (Radio, Film, Fernsehen), Veranstaltungsbranche, Öffentlichkeitsarbeit, Tourismus, Vermittlung und Pädagogik, um nur einige zu nennen. Es macht durchaus Sinn, schon während des Studiums Praxiserfahrung in dem Bereich zu sammeln, in dem Du später arbeiten möchtest, da gerade Absolvent*innen nach dem Studium wenig Arbeitserfahrung aufweisen und die Jobsuche dadurch erschwert werden kann.
Auch wenn der Berufseinstieg nach dem Studium etwas holprig sein könnte, brauchst Du dir keine Sorgen zu machen, keinen Job zu finden, denn gerade einmal ≈2,8 % der Geisteswissenschaftler*innen sind arbeitslos gemeldet. Es dauert allerdings etwas länger bis sie eine angemessene berufliche Stellung gefunden haben; Nach 10 Jahren haben etwa 90 % der Absolvent*innen eine für ihren Studienabschluss passende Stellung erreicht (Mehr). Es sollte auch bedacht werden, dass Jobs in der Kultur durchaus beständig sind, da sie nicht wie Tätigkeiten von beispielsweise Mathematiker*innen oder Ingenieur*innen in der Zukunft durch Algorithmen und KI ersetzt werden könnten. Wie es aussieht ist für Kultur- und Geisteswissenschaftler*innen also deutlich mehr drin als Taxifahren.
Auch beim Gehalt für Geistes- und Kulturwissenschaftler*innen sieht es gar nicht so schlecht aus. Zwar liegt das durchschnittliche Einstiegsgehalt von Absolvent*innen laut dem StepStone Gehaltsreport nur bei 35.575€ jährlich, was im Vergleich zu den Top-Verdiener*innen aus der Medizin mit 51.703 € sehr wenig erscheint, allerdings steigen die Verdienstmöglichkeiten mit einem Master oder einer Promotion, und auch im weiteren Karriereverlauf ändert sich das Gehalt. Mit 36 Jahren erzielen die Geisteswissenschaftler*innen ein durchschnittliches Einkommen von 45.889 € und mit 50 Jahren liegt es etwa bei 53.000 € (Mehr). Und da ist auch noch Luft nach oben, wenn Du z.B. eine Karriere als Professor*in anstrebst, denn nach dem DBB Beamtenbund und Tarifunion kann man mit einer Professur in NRW jährlich bis zu 83.609 € verdienen. Gar nicht so schlecht für den/die Professor*in eines „Laberfaches“ oder?
Worauf wartest Du?
Wie Du siehst bietet dir ein kulturwissenschaftliches Studium sowohl eine Bandbreite an nützlichen Kernkompetenzen als auch viele berufliche Chancen, die Du individuell nutzen kannst. Gerade wenn Du für die Kultur brennst und diese leidenschaftlich mitgestalten möchtest, steht Deinem erfolgreichen beruflichen Werdegang im kulturellen Bereich nichts im Wege.
Wenn ich Dich nun für ein kulturwissenschaftliches Studium begeistern konnte, zögere nicht und informiere Dich über mögliche Studiengänge sowie Berufsperspektiven und gestalte Deinen eigenen individuellen Lebensweg:
Welche Berufsperspektiven bietet die Kultur?
Was kann ich studieren? Was gibt es?
Weiterführende Links:
https://studieren.de/geisteswissenschaftler.0.html
https://www.jobrobot.de/blog/was-koennen-eigentlich-geisteswissenschaftler-272.htm