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KLiteratur im Interview

SCE-Drink mit Bo Franke und Emmanuelle Schikaneder am 21.10.21

Die Kölner Literaturzeitschrift – KLiteratur war vergangene Woche zu Gast beim SCE-Drink von szene kulturmanagement. Für alle die nicht dabei sein konnten oder jene, die sich nochmal etwas mehr mit der KLiteratur auseinandersetzen wollen, haben wir ein Interview mit Redakteurin Anna Pia geführt:

Die Köpfe hinter der KLiteratur

Was ist die Kölner Literaturzeitschrift?

Die Kölner Literaturzeitschrift – KLiteratur ist ein werbefreies, vollfarbiges Literaturmagazin, das die Welt mit den Möglichkeiten betrachtet, die die Literatur bietet. Die KLiteratur verbindet eingesandte und redaktionell erarbeitete Texte von Lyrik über Prosa, Epik, Essay, bis hin zu Notiz und Zitat. Die KLiteratur ist sehr demokratisch, da alle Menschen uns Texte schicken können, die alle gelesen werden. Das „K“ in KLiteratur steht nicht nur für Köln, sondern auch für Kunst. Comics, Fotografien, Illustrationen, Collagen u.ä. verbinden die Texte. Daran sind neben unserer Cheflayouterin Marleen Böcker wechselnde freie Künstler*innen, Layouter*innen und Illustrator*innen beteiligt.

Wer steckt hinter der Zeitschrift? Wer seid ihr?

Angefangen hat das Ganze mit den Herausgebern, Jonas und Bo, die sich übers Germanistikstudium kennengelernt haben, und natürlich mit Marleen, die von Anfang an das Layout gemacht hat. Nach und nach sind dann immer mehr andere dazugestoßen. Wir sind im weitesten Sinne eine Gruppe von Menschen, die sich für Texte interessieren. Die meisten von uns haben auch irgendetwas mit Literatur studiert (Germanistik, Anglistik, irgendwas mit Schreiben). Uns verbindet die Lust an guten Texten – ganz egal, ob von unbekannten oder etablierten Autor*innen. Und natürlich auch die Motivation, die gegenwärtige Literaturszene mitzugestalten.

Wie viele Personen arbeiten an der Kölner Literaturzeitschrift mit?

Jonas, Bo und Marleen sind ständig oder zumindest oft mit der KLiteratur beschäftigt – wobei wir natürlich alle neben der KLiteratur noch andere Projekte und Brotjobs haben. Dann gibt es noch eine freie Redaktion. Adrian und Anna Pia sind schon seit Ausgabe #1 dabei, Saskia und Alessandra seit der #4. Nele, Katha und Kaja sind ganz frisch dazugestoßen. Das Kernteam kümmert sich um die laufenden Geschäfte (Versand, Social Media, Anträge, Deadlines etc.). Die restlichen Redaktionsmitglieder betreuen je nach Kapazitäten und Lust das Redaktionspostfach, machen Textauswahl, schreiben Texte für die Redaktionsteile ein, suchen Künstler*innen raus und und und.

Seit wann gibt es die Kölner Literaturzeitschrift und wie ist sie entstanden?

Die Herausgeber

Die KLiteratur existiert in gedruckter Form seit dem 5.5.2018. Entstanden ist sie aus der Idee, Literatur so zu zeigen, wie sie selten anzufinden ist: Offen, Streitbar, Vielfältig. Wir wollten unsere Vorstellung von Literatur und die Literatur selbst einer Öffentlichkeit jenseits der Hörsäle und Seminarräume zugänglich machen. Und da Köln im Gegensatz zu vielen anderen Städten keine freie (d.h. verlags- und institutionsunabhängige) Literaturzeitschrift hatte, haben wir uns entschlossen, so eine zu gründen, um unser Ziel in die Tat umzusetzen.

Aufgaben und Umsetzung

Welche Aufgabenbereiche gibt es?

Die kreativen (und spaßigen) Aufgaben sind die Themenfindung, das Lesen der eingesandten Texte, das Verfassen von eigenen Texten, das Gespräch mit Interview-Partner*innen, die Diskussionen darüber, was warum ins Heft kommen muss/soll/kann/darf, Blogbeiträge selber schreiben oder anfragen, Lesungen organisieren und sehen, dass und wie es den Leuten gefällt, die Auswahl von Kunst und Layouter*innen, die uns unterstützen sollen, sowie der Layoutprozess.

Dann gibt es natürlich die Aufgaben, die erledigt werden müssen, egal wie viel Spaß sie mit sich bringen: Lektorat, Korrektorat, E-Mails beantworten, das (oft scheiternde) Unterfangen, Gelder aufzutreiben, Diskussionen mit Druckereien über die Qualität der Druckerzeugnisse, das mühselige Klein-Klein des Vertriebs, damit die Arbeit der letzten Wochen, Monate und Jahre auch wirklich gekauft und gelesen werden kann, Rechnungen bezahlen, die Buchhaltung machen.

Wo in Köln befindet Ihr Euch und arbeitet an der Zeitschrift?

Entstanden ist die erste Ausgabe an Jonas‘ Küchentisch in Humboldt/Gremberg und Marleens Wohn-/Schlaf-/Arbeitszimmer in Berlin-Neukölln. Danach hat es uns mal auf einen Bauernhof bei Gießen, mal in ein Atelier, mal in ein eigenes Büro in Köln verschlagen. Aber einen festen Ort hat die KLiteratur noch nicht gefunden. Seit Corona sind wir überwiegend im Homeoffice.

Trotzdem schlägt ein großer Teil des Herzens der KLiteratur in Kalk und Humboldt/Gremberg. Das zeigt sich z.B. an der engen Zusammenarbeit mit dem Integrationshaus e.V. und an dem Europäischen Literaturfestival Köln Kalk, was Integrationshaus, KUNTS e.V., parasitenpresse und KLiteratur auf dem Ottmar-Pohl-Platz organisieren.

Wie sieht Euer Arbeitsalltag aus? (Gerade kurz vor Publizierung der Zeitschrift?)

Am Anfang jeder Ausgabe steht die Auswahl des Themas, die schon stattfindet, während das Vorgängerheft noch in der Mache ist. Wir sammeln verschiedene Themenvorschläge und diskutieren dann oft lange und intensiv darüber – was bei der #6 dann zur Folge hatte, dass wir uns dafür entschieden haben, kein Thema auszuwählen, sondern um ehrliche Texte zu bitten. Sobald das Thema klar ist, geht dann der Open Call raus. Und dann trudeln bald auch schon die ersten Einsendungen ein. Gleichzeitig fangen wir an, uns Gedanken über mögliche Themen für Redaktionsbeiträge, Interviewparter:innen und inhaltliche Schwerpunkte zu machen und fangen hier an zu arbeiten. Sobald der Open Call vorbei ist, werden die Texte ausgewählt – immer anonymisiert und nach dem 4-Augen-Prinzip, d.h. je 2 Redakteur:innen lesen und beurteilen die Texte. Die Texte, die in der engeren Auswahl landen, werden dann von der gesamten Redaktion gelesen. Gleichzeitig kommen schon erste Layoutprozesse in Gang, wir suchen Illustrator:innen und Künstler:innen, mit denen wir kooperieren, und Marleen beginnt, sich ein Layoutkonzept für das Heft zu überlegen. Und irgendwann – verkürzt gesagt – sind dann alle Texte fertig, die letzten Korrekturen werden eingepflegt und Marleen erstellt die Druckdatei.

Generell haben wir mit den letzten Ausgaben angefangen, in immer mehr Bereichen Mehrheitsdemokratisch abzustimmen – erst bei der Textauswahl, dann bei der Themenfindung und zuletzt beim Cover. Das funktioniert erstaunlich gut und spart uns eine Menge Zeit.

Wie sieht es mit dem Zeitaufwand aus, den ihr für die Zeitschrift aufbringen müsst? 

Je nach Redaktionsmitglied, je nach Arbeitsphase, kann die Wochenarbeitszeit zwischen 0 bis 60 Stunden betragen. Auch wenn wir versuchen es nicht mehr auf 60 Stunden kommen zu lassen. Das haben besonders die Herausgeber und das Layout früher, also bei den Ausgaben #1 bis #4, öfter gemacht und haben festgestellt, dass ihnen das nicht gutgetan hat. Außerdem haben die meisten von uns noch andere Projekte und vor allem (mindestens) einen Brotjob, der uns die bisher unentgeltliche Arbeit an der Zeitschrift finanziert. Hinter der Zeitschriftenarbeit steckt also auch viel Idealismus und persönliches Engagement. Insgesamt ist der Arbeitsaufwand sehr dynamisch und individuell.

Philosophie

Was ist das Besondere an der Kölner Literaturzeitschrift?

Das ist wahrscheinlich die Verbindung aus Literatur, Kunst, Layout und dem Anspruch, etwas zu gesellschaftspolitischen Diskussionen beizutragen.

Dazu ist die KLiteratur werbefrei, vollfarbig und eine richtige Zeitschrift im Zeitschriftenformat, die sich nicht in akademischen Ecken, elitär-beinernen Türmen oder schwarz-weißen Buchklötzen verstecken mag.

Was ist Eure Philosophie?

Es gibt mehrere Philosophien.

Eine ist: Dir muss nicht jeder Text gefallen. Wenn dir ein Text aus unserem Heft gefällt, haben wir unser Ziel erreicht. (Außerdem ist ja nicht gesagt, dass du dem Text gefällst, gell?).

Eine andere ist: Wir wollen nicht um der Unabhängigkeit Willen Underground sein. Wir wollen auf die große Bühne. Wir wollen, dass die Literatur auf die Bühne geht, vielleicht ihr Maul aufreißt, vielleicht nur flüstert, vielleicht im bedächtigen Ton etwas richtig sagt, vielleicht dass sie mäkelt, mosert und stänkert. Wir wollen mit Literatur leben.

Daraus folgt die noch die sehr praktische Philosophie (an der wir immer noch und meistens verzweifeln): Wir wollen von Literatur leben und wir wollen, dass unsere Autor*innen, Redakteur*innen und Künstler*innen von Kunst und Literatur leben können. An diesem Teil knabbern wir am meisten.

Ihr macht auch ein Festival, könnt Ihr uns darüber etwas erzählen?

Das Europäische Literaturfestival Köln Kalk – oder in kurz ELK – ist ein Literaturfestival, das unsere Vorstellungen von Literatur und Öffentlichkeit bündelt. Seit 2018 laden wir jedes Jahr zwischen 6 und 8 Autor*innen aus Europa und der ganzen Welt ein, in Kalk ihre Texte vorzustellen. Unser Fokus liegt also zum einen auf Internationalität, Mehrsprachigkeit und Übersetzung, denn alle Texte werden auch auf Deutsch vorgestellt. Zum anderen ist uns Barrierefreiheit, Inklusivität und Zugänglichkeit sehr wichtig. Deshalb ist das Festival gratis und findet Open Air statt. Wir wollen, dass alle, die sich für Literatur interessieren, kommen können, ohne sich Gedanken um Eintrittspreise, Abendgarderobe oder Kinderbetreuung zu machen – denn auf dem Ottmar-Pohl-Platz, wo der Großteil der Lesungen stattfindet, ist genug Platz, sodass die Kinder spielen können, während die Eltern den Geschichten lauschen. Sowohl von den Gästen als auch von den eingeladenen Autor*innen bekommen wir jedes Jahr das Feedback, dass das Festival eine sehr entspannte und herzliche Atmosphäre hat und sich so von mach anderer Literaturveranstaltung unterscheidet.

Veranstaltet wird das ELK von der KLiteratur, dem KUNTS e. V., dem Integrationshaus e.V und der parasitenpresse. Mehr Infos zum Festival gibt’s unter www.elk-festival.com.

Herausforderungen

Welches sind/waren die größten Herausforderungen seitdem Ihr mit der Zeitschrift begonnen habt? 

Die größte Herausforderung ist wahrscheinlich, so banal das auch klingt, einander zuzuhören, voneinander zu lernen und einander zu vertrauen. Wir hatten vor der ersten Ausgabe der KLiteratur alle keine bis wenig Ahnung und faktisches Wissen davon, wie mensch eine Zeitschrift macht. Weder von Layout, Vertrieb, Papier, Bindungen, Preisen usw. Sich selbst die Möglichkeit zu geben, das Zeitschriften-Machen gemeinsam zu lernen war und ist damit wahrscheinlich die größte Herausforderung. Vor allem weil die Grenzen zwischen Arbeit, Engagement, Freundschaft und Familie in unseren Strukturen fließend sind.

Anekdoten gibt es ein paar. Mir (Jonas) fällt gerne diese ein, um zu verdeutlichen, wie sehr wir von der Idee der KLiteratur überzeugt waren (und sind!): Von der ersten Ausgabe haben wir von dem gesamten angesparten Budget direkt 1000 Stück drucken lassen, weil wir sicher waren, dass wir die erste Ausgabe in Nullkommanix verkauft haben würden und dann nachdrucken müssten. Der Plan ist nicht ganz aufgegangen, aber wir hatten immerhin schon bald wieder genug Geld, um Ausgabe #2 drucken zu lassen.

Beim ‚Fokus Lyrik‘ Kongress wurden wir belächelt, weil ich auf die Frage nach der Zukunft der Literaturzeitschriften mit einem mehr oder weniger korrekten Zitat von Maxim Billers antwortete: „Erst die ganze Menschheit und dann der Ausbau der Zielgruppe“ geantwortet habe.

Aktuell

Die aktuelle Ausgabe der KLiteratur

Was ist Thema der aktuellen Ausgabe?

Die aktuelle, eben erschiene Ausgabe hat eigentlich kein Thema. Da wir aber um ehrliche Einsendungen gebeten hatten, hat sich das Thema oder die Frage nach dem Ehrlich-Sein eingeschlichen. Im Dossier sind wir der Frage nachgegangen, wie ehrlich der Kampf um die Meinungsfreiheit, der wahrscheinlich eher einer der Meinungshoheit ist, geführt wird.

Die kommende Ausgabe #7 hat das Thema ‚Fehler‘.

Wo findet man die Kölner Literaturzeitschrift überall?

Ihr findet die KLiteratur in mehreren Buchläden (s.u.), auf unserer Homepage (www.kliteratur.de) und auf der Seite des Liberladens (www.liberladen.org), der den Versand nach Österreich und Schweiz übernimmt.

Köln

Bücherwelt Ehrenfeld // Venloer Strasse 263, 50823 Köln

Buchsalon Ehrenfeld // Wahlenstraße 1, 50823 Köln

Buchhandlung Klaus Bittner // Albertusstr. 6, 50667 Köln

Buchladen Neusser Straße // Neusser Straße 195+197, 50733 Köln

Der andere Buchladen // Ubierring 42, 50678 Köln

Der andere Buchladen // Weyertal 32, 50937 Köln

Der Buchladen Kalk // Kalker Hauptstr. 237, 51103 Köln

Ludwig: Presse und Buch // Kölner Hauptbahnhof

BUNT Buchhandlung Ehrenfeld // Venloerstraße 338, 50823 Köln

Aachen

Buchhandlung Backhaus // Jakobstraße 13, 52064 Aachen

 

Was möchtet Ihr noch unbedingt loswerden?

Die KLiteratur ist eigentlich nur der bürgerliche Name von Kay-Lee Teratur. Kay-Lee ist die Heldin, die die Zeit braucht. Ob die Zeit das auch schon weiß, ist nicht 100% gesichert. Aber Kay-Lee kann und will vieles:

Sie will Zwischenräume schaffen, Impulse geben, Fragen stellen und irritieren, wenn es möglich oder nötig ist – kurz: Bewegung in Köpfe bringen. Und das auf der Grundlage der analytischen Phantasie. Warum? Weil eine Antwort nicht einfach ist!