Ein Platzhalterbild
Top

Die Kultur von Morgen gestalten auf der KulturMut Convention 2022

Wer sich heute nicht mit seinem Publikum beschäftigt, hat morgen keins mehr. Deutschlandweit haben Kultureinrichtungen noch immer mit den Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen. Volle Konzertsäle bleiben mit Ausnahme von prominenten Acts weiterhin die Ausnahme. Unter dem Stichwort Audience Development beschäftigen sich Forschung und Kulturpolitik schon seit einigen Jahren mit dem Aufbau und der Bindung von Publikum. Genau das ist auch der Schwerpunkt der diesjährigen KulturMut Convention. Im Gespräch verraten uns die Organisatorin der KulturMut Convention Lilly Schäfer und der Geschäftsführer des Kulturgetriebes Jérôme J. Lenzen, warum sich ein Besuch lohnt und welche inhaltlichen Schwerpunkte geplant sind.

Projektleiterin der KulturMut Convention, Lilly Schäfer

Am 15.06.2022 startet die KulturMut-Convention unter dem Motto ‚Diverse Audience Development‘. Warum eigentlich dieses Thema?

Lilly Schäfer: Das war ein Stück weit eine glückliche Fügung – oder Glück im Unglück sollte ich eigentlich sagen. Denn als wir uns voriges Jahr für das Thema entschieden haben, waren die heutigen Entwicklungen noch nicht absehbar. Mittlerweile wird viel über #Publikumsschwund diskutiert. Die Pandemie hat weiterhin große Auswirkungen auf die Besucher:innenzahlen. Das sehen wir beispielhaft an der Auslastung in städtischen Theatern und Museen; auch hier bei uns in Köln. Die Relevanz von Audience Development ist also aktueller denn je und die KulturMut Convention unser Versuch Kulturarbeiter:innen dabei zu unterstützen.

Gibt es einen konkreten Grund, weswegen das Publikum teilweise zu Hause bleibt?

Jérôme Lenzen: Ich würde mehrere unterschiedliche Gründe benennen. Da ist zum Teil noch eine Entwöhnung, nachdem viele Menschen über zwei Jahre lang der Kultur ferngeblieben sind. Manche haben jetzt andere Gewohnheiten, andere wiederum sind noch immer nachhaltig verunsichert und fühlen sich in der Gegenwart größerer Menschen-Ansammlungen unwohl. Aber ich würde auch sagen, dass es einen grundsätzlichen Trend gibt, der unabhängig von der Pandemie auf das Publikumsinteresse wirkt: Unsere Gesellschaft ist diverser geworden und diese Diversität spiegelt sich in der Kulturlandschaft noch nicht wider.

Und wie können Kultureinrichtungen auf diese Trends reagieren?

Lilly Schäfer: Die Kultureinrichtungen müssen verinnerlichen, dass es nicht nur um die Rückgewinnung ihres bisherigen Publikums gehen kann. Manche kommen womöglich nie mehr zurück, zumindest nicht mit der bisherigen Häufigkeit; das betrifft insbesondere den Bereich der Abonnenten, der seit Jahren abnimmt.

Jérôme Lenzen: In manchen Kommunen sind die Abonnement-Zahlen in den einstelligen Bereich zurückgegangen. Ich würde auch stark bezweifeln, ob hier die Zukunft liegt.

Lilly Schäfer: Und genau deswegen möchten wir dabei helfen, die Entwicklung eines neuen Publikums in den Blick zu nehmen. Das kann durch eine zielgruppenspezifische und zeitgemäße Ansprache passieren. Neben der Kommunikation geht es aber auch sehr stark um Repräsentation. Wenn ich inklusiv sein will, dann darf ich nicht beim Publikum anfangen, sondern auf und hinter der Bühne.

Lilly, Du hast erwähnt, dass Ihr beim Audience Development helfen wollt. Wie sieht das konkret aus?

Lilly Schäfer: Das Fachprogramm der KulturMut Convention ist so gegliedert, dass wir jeweils eine:n Expert:in pro Thema eingeladen haben, die:der uns mit seinem Input in die Felder einführt. Beispielsweise zum Thema Interkultur. Anschließend können die Teilnehmenden das theoretische Wissen gemeinsam mit Design Thinkern in praktische Anwendungsbausteine umwandeln.

Und wer sind die Expert:innen?

Lilly Schäfer: Wegweisende, spannende Persönlichkeiten mit ganz verschiedenen Hintergründen und Visionen!

Dagmar Wunderlich zum Beispiel ist absolute Expertin im Bereich Outreach und reist extra aus Berlin an, um ihr Know-how mit uns zu teilen. In ihren bisherigen Publikationen beschäftigte sie sich vor Allem mit dem Verhältnis von Museen, Outreach-Strategien und Diversity.

Apropos weite Anreise – auch unser Inklusions-Experte Michael Gerr reist für KulturMut aus Würzburg an. Er hat seit einem Autounfall im Jahr 1992 eine Behinderung und setzt sich seitdem leidenschaftlich für eine Inklusive Gesellschaft und Politische Teilhabe ein.

Unsere beiden Speakerinnen Prasanna Oommen (Panel zu Interkultur) und Sarah Youssef (Panel zu Marketing) sind bereits bekannt in der Kölner Kulturlandschaft.

Prasannas Arbeit bewegt sich an der Schnittstelle von Kunst, Kultureller Bildung, Diversität und politischer Kommunikation. Sie ist außerdem aktives Mitglied bei den Neuen Deutschen Medienmacher:innen und weiß wovon sie spricht, wenn es um die Ansprache eines vielfältigeren Publikums geht.

Die letzte im Bunde ist die Wissenschaftlerin und Kunstschaffende Sarah Youssef. Sie leitet und kuratiert gerade den diversCITY Tag im Rahmen des africologne Festivals Köln und geht außerdem verschiedenen Lehraufträgen in NRW nach. Sarah wird mit uns in die Tiefen von nachhaltigem Marketing eintauchen und den Bogen zu den vorherigen Themen spannen.

Ich bin soo happy und auch immer noch ein bisschen baff davon, dass die Vier so viel Lust mitbringen und KulturMut – trotz weiter Anreise und vollem Terminkalender – mit ihren Erfahrungen bereichern!

Worauf freut Ihr Euch persönlich am meisten?

Jérôme Lenzen: Wir freuen uns – und da spreche ich vermutlich für uns beide – am meisten auf den fachlichen Austausch mit anderen Kulturarbeiter:innen und Expert:innen aus ganz Deutschland. Die KulturMut Convention ist eine tolle Gelegenheit, um die Herausforderungen und Strategien der anderen kennenzulernen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Persönlich schlägt mein Herz vor allen Dingen für Outreach-Formate, daher bin ich besonders gespannt auf den Talk mit Dagmar Wunderlich.

Lilly Schäfer: Da kann ich mich nur anschließen. Ich freue mich darauf die Erfahrungen und Einschätzungen von den Menschen zu hören, die täglich mit den aktuellen Publikums-Dynamiken zu tun haben.

Was mir dabei ganz besonders wichtig ist: Das Wörtchen „Diverse“ in unserem Convention-Thema ist nicht nur eine Floskel. Es soll eben nicht nur um Publikumserweiterung gehen, sondern ganz bewusst um mehr Diversität im Publikum der deutschen Kulturlandschaft. 

Kulturorte müssen sich der Aufgabe annehmen, die Interessen und Bedürfnisse unserer gesamten Gesellschaft zu repräsentieren. Kultur muss für alle Menschen sichtbar, attraktiv und leicht zugänglich gemacht werden – und nicht nur einem weißen, privilegierten bildungsbürgerlichen Milieu – sonst hat sie meiner Meinung nach ihren Job verfehlt.

Ja, das ist eine Mammutaufgabe. Und ich bin wahnsinnig gespannt darauf, wie kreativ die Ideen und wie groß die Motivation der Teilnehmenden sein wird, sich diesem Prozess zu öffnen!

Alle, die ebenfalls an der Schaffung von mehr Diversität innerhalb unseres Kulturpublikums teilhaben wollen, können vom 15. – 18. Juni 2022 am Fachprogramm der KulturMut Convention des Kölner Institut für Kulturarbeit und Weiterbildung teilnehmen. Tickets gibt es ab 3 € hier zu kaufen.