Projekt: Nachhaltiger Kulturbetrieb
von Maren Gronenwald
Es geht weiter mit dem Thema Nachhaltigkeit auf unserem Blog. Nach einem ersten Austausch mit einem Experten folgt nun eine Umfrage innerhalb des Teams, um den Status quo und einzelne Stimmen zu erfassen. Der erste Schritt unseres Nachhaltigkeitsprojekts ist getan. Das Projekt wird durch das Förderprogramm PROFIL:SOZIOKULTUR – Sonderprogramm NEUSTART KULTUR des Fonds Soziokultur gefördert und läuft bis Ende Dezember 2022. Es ermöglicht uns dem Themenkomplex Nachhaltigkeit in der Kulturarbeit zu widmen und unsere Projekte, Veranstaltungen, das Personal-Management und alle weiteren Vereinsstrukturen Stück für Stück nachhaltiger zu gestalten.
Sich selbst und andere für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren ist ein Prozess, der als erstes im Kopf beginnt.
Ein Nachhaltiger Prozess braucht Zeit und Durchhaltevermögen
Nachhaltig zu denken ist in vielen Bereichen gefragt, beispielsweise im Marketing, Förderungen und Weiterbildungen des Personals, Materialien, Energieeffizienz von Gebäuden und Räumlichkeiten. Für diesen Prozess ist es hilfreich Leitlinien festzulegen, die Orientierung für jeden anstehenden Schritt geben. Solche Leitlinien können z.B. so aussehen:
1. Die Verringerung von Produktion und Konsum bei gleichbleibender Qualität: Ein Perspektivwechsel ist hier gefragt!
2. Eine ergiebige Nutzung von Material, Energie und personellen Ressourcen: Es lohnt sich, wenn sich Zeit genommen wird und nochmal genauer hingeschaut wird, ob auch wirklich alles ausgeschöpft wurde.
3. Wiederverwertung vorhandener Mittel: Oftmals vergessen wir, dass das ein oder andere doch nochmal genutzt werden könnte. Stichwort: recycling und upcycling!
Ich möchte Prozesse verschlanken, um ressourcenschonender und dadurch kreativer arbeiten zu können.
Wie nachhaltig sind wir? Den Status quo erfassen
Um in das Thema zu starten, hilft es sich zu fragen: Was gibt es in meinem Kulturbetrieb zum Thema Nachhaltigkeit? Was läuft bereits sehr gut und was noch gar nicht? Es geht also darum den Status quo zu erfassen. Hierfür eignet sich z.B. ein klassischer Fragebogen, da so alle im Team eingebunden werden können. Die Fragen sollten so gestellt sein, dass sie die drei Bereiche: Ökonomie, Ökologie und Soziales abdecken. Außerdem ist es interessant mal links und rechts zu schauen: Was haben andere Kultureinrichtungen zum Thema Nachhaltigkeit erarbeitet? Welche praktischen Beispiele, die gut laufen gibt es bereits?
Das Nachhaltigkeits-Audit
Als Beispiel möchten wir Euch den Online Fragebogen „Das Nachhaltigkeits-Audit“ vorstellen. Dieser ist nicht direkt auf Kulturbetriebe spezialisiert, sondern umfasst mit den Fragen allgemeine Tätigkeiten in verschiedenen Bereichen. Im Fragebogen wird geprüft, inwieweit der jeweilige Betrieb oder die jeweilige Tätigkeit, das Thema Nachhaltigkeit in den Bereichen Ökonomie, Ökologie und Soziales umsetzt. Die verschiedenen Fragen ermöglichen einen guten Einstieg in das Thema Nachhaltigkeit. Das eigene Verhalten sowie des Betriebes wird hinterfragt und so kann ein Anstoß gegeben werden, neue Ideen zum Thema Nachhaltigkeit zu entwickeln.
KulturAgenda 2030
Das vom Netzwerk Kultur und Agenda 2030 gestartete Webportal KulturAgenda 2030, veröffentlicht aktuelle Entwicklungen zu Nachhaltigkeit im Kulturbereich von Einrichtungen, wie z.B. vom Netzwerk 2N2K oder dem Institut für Kulturpolitik und Kulturpolitische Gesellschaft. Hier finden sich verschiedene Materialien, die einen Einblick in das Thema Nachhaltigkeit geben: Leitfäden für nachhaltige Kulturveranstaltungen, Publikationen, Podcasts, Web-Talks, Beiträge und vieles mehr.
Adapting our Culture – a toolkit for cultural organisations planning for a climate changed future
Ein weiteres Beispiel, um im eigenen Kulturbetrieb aktiv zu werden ist Adapting our Culture – a toolkit for cultural organisations planning for a climate changed future – ein Werkzeugkasten für Kultureinrichtungen, um eigene Adaptionsmaßnahmen an den Klimawandel zu planen und zu erarbeiten. Der Werkzeugkasten ist Teil des Projektes Cultural Adaptions (EUCAN), in welchem zwischen 2018 und 2021 untersucht wurde, wie Kulturorganisationen sich an die Auswirkungen des Klimawandels anpassen. Ziel war es kreative, innovative und ortsbezogene Methoden zu finden, die eine Anpassung an den Klimawandel ermöglichen und den Kultursektor unterstützen. Das Ergebnis ist ein Toolkit, welches Kulturorganisationen in der Planung ihrer Anpassungen an den Klimawandel unterstützt.
Fragen, Antworten und Gedanken für mehr Nachhaltigkeit
In unserem Fall geht es nun erstmal darum zu erfassen, wo unser Betrieb und jede:r Einzelne aus dem Team steht. So haben wir uns für einen Fragebogen entschieden, der mit nur 8 Fragen herausfinden soll, welchen Eindruck unsere Mitarbeitenden von der Nachhaltigkeitssituation bei uns im Betrieb haben. Der erste Blick auf die Antworten war sehr spannend. Die verschiedenen Perspektiven auf das Thema Nachhaltigkeit bringen neuen Input und kurbeln das weitere Vorgehen an. Hier ein kleiner Einblick für Euch, was unser Team auf die Fragen geantwortet hat:
1. Was bedeutet für Dich Nachhaltigkeit?
„So zu handeln, dass ich nachfolgenden Generationen keine „Last“ hinterlasse, nicht alle Ressourcen aufbrauche; Zukunft mit Blick auf die zukünftige Vergangenheit gestalten; verschiedene Themen abseits von umweltbezogener Nachhaltigkeit: Bildung für alle, gesundes Leben für alle, Gleichstellung aller Geschlechter, Menschenrechte usw.“
„3 Dimensionen (sozial, ökologisch & wirtschaftlich) – in Arbeit- & persönlichen Kontext ist mir nachhaltiger Umgang mit Ressourcen wichtig. dinge nicht doppelt machen. dinge weiterdenken & nicht immer neudenken, ökologisch sicherlich sinnvoll auf Makro ebene, Fokus bei uns (Mikro – Meso) lieber auf Prozesse und wirtschaftliche Aspekte“
„Persönlich und auch im Arbeitskontext bedeutet es für mich nicht verschwenderisch sein. In Sinne von Konsum egal was Energie Material Essen und so weiter“
„Nicht verschwenderisch leben; kein Essen wegschmeißen; Gebrauchte Dinge nutzen; Foodsharing; wenig Auto fahren; Co-Working Spaces nutzen; realistische Arbeitszeiten (es ist nämlich überhaupt nicht nachhaltig, wenn jemand 45h die Woche arbeitet und dann am Ende für Monate ausfällt wegen eines Burnouts)“
2. Welche Arbeitsprozesse laufen in Deinem zuständigen Bereich gut?
„Schnelle und spontane Absprachen, die digitale Kommunikation generell hat eine geringe Hemmschwelle und lässt zu, die gewünschten Empfänger direkt zu erreichen“
„Ich würde sagen, dass die Kommunikation schon recht gut läuft. Am Ende der Woche sind die wichtigsten Dinge zumindest immer besprochen und abgearbeitet. Es ist eine Struktur vorhanden, die sich stetig optimiert, weil wir immer die Entwicklungen im Blick haben… es gibt also immer wieder was neues zu tun, neue Aufgaben, neue Herausforderungen, die dann auch mehr oder weniger direkt angegangen werden und nicht vergessen werden – wir bleiben nicht auf der Stelle stehen, es geht immer ein Stück voran, mal schneller, mal langsamer. Diesen Prozess würde ich ‚Arbeitsfortschritt‘ nennen vielleicht.“
3. Was erwartest du von deinem/deiner Arbeitgeber:in?
„Von meinem Arbeitgeber erwarte ich Transparenz, eine offene und stets ehrliche Kommunikation und konstruktive Kritik – und das eigentlich von allen Seiten. Ich wünsche mir ein offenes Miteinander mit flachen Hierarchien, gleichermaßen aber auch eine vorgegebene Struktur und einen angemessenen Führungsstil. Jede:r Mitarbeiter:in sollte eigenständig, selbstverantwortlich und kreativ an seine oder ihre Aufgaben herangehen. Ein klein bisschen Wegweisung sollte es trotzdem geben, jemand der Struktur schafft, wenn es die anderen gerade etwas ‚verbocken‘ bzw. einfach den roten Faden verlieren – das kann nicht jede Person, daher braucht es jemanden, der es schafft Überblick zu behalten und sich traut Ansagen zu machen.“
„Geeignete Team-Building-Maßnahmen bzw. Maßnahmen, die dafür sorgen, dass vertrauensvolle zwischenkollegiale Beziehungen entstehen/beibehalten werden; Transparenz dessen, was allgemein und außerhalb meines Bereichs passiert“
„Raum für Gespräche Kritik/Lob, rudimentär: Vergütung- und Bereitstellung von Material“
„Mein Arbeitgeber macht schon ganz schön viel ganz schön gut ;)“
4. Wie stellst Du Dir ein Nachhaltigkeitskonzept im Kulturgetriebe vor?
„Vielleicht mehr Diskussion oder Klärung was ist Nachhaltig“
„Es sollte möglichst vielseitig sein, alle Aspekte von Nachhaltigkeit berücksichtigen, wenn auch vereinzelt nur knapp“
„Dynamisch/fortlaufend überdenk- und anpassbar; Handreichung/Leitfaden inkl. übergeordneten konkreten Zielen und Handlungsanweisungen (sodass es nicht zu schwammig ist)“
„Ich könnte mir vorstellen eine allgemeine Überblickstafel, die wir zuvor mit einer/einem Expert:in in einem ausführlichen Workshop erarbeiten, stets im Büro hängen zu haben. Da können dann Dinge draufstehen, an die tagtäglich gedacht werden kann (Wasser aus während des Tassen schrubbens z.B.), aber auch solche, die bei der Auswahl von Material für Events, der Nutzung von Räumlichkeiten sowie dem Umgang mit Kolleg:innen sowie mit dem EIGENEN Arbeitspensum draufstehen. Manchmal gibt man sich viel zu wenig Pausen… wenn es nicht mehr geht, dann ist das so, warum dann zeit absitzen? Da kann man sicherlich geeignetere Lösungen finden. Halt so ein daily reminder – naja und vorher eine ausgelassene und intensive Auseinandersetzung zu den einzelnen Themen der Nachhaltigkeit mit jemandem, der Ahnung hat. =)“
„Ich möchte Prozesse verschlanken, um ressourcenschonender und dadurch kreativer arbeiten zu können“
Wie wir sehen, gibt es viele Gedanken und Antworten zu einem umfangreichen Thema. Der Prozess ist vielleicht lang und benötigt immer wieder einen Aufschwung, aber es lohnt sich dranzubleiben. Im nächsten Schritt wird es darum gehen, die Ergebnisse des Fragebogens zusammenzufassen und darauf aufbauend Strategien und Ziele zu entwickeln. Wir halten Euch auf dem Laufenden!